Abra, Bebra, Zebra
Am Zugfenster zieht vorwiegend ländliches vorbei. Dorfteich,
Raps, bleichrotes Gestein;
dazwischen Schlote, Loren, Nebengeleise. Rapsfelder, ausgeschnitten aus
der Landschaft, hastige Scherenschnitte,
zu grelles Gelb auf Grün gemalt: Ein Anfängerfehler.
Raps ist der Beweis, dass Natur nicht harmonisch ist.
In weisse Plastikfolie gerolltes Heu wie Marshmallows. Kein Dach ohne
Satellitenschüssel. "Schau, Reinhard, da ist Schloß
Neuschwanstein aus Butter" - "Sehr geehrte Fahrgäste,
der Gesangverein Immergrün aus Hamburg möchte Ihnen über
die Tonanlage dieses Zuges ein Ständchen bringen."
Das ist leider Deutschland. "Hier
Reinhard, das Haus für die Tochter von Karoline Reiber
kost neun Millionen Mark!" Draussen trockne Erde, strassendurchfurchte, fernleitungsdurchfurchte
Erde.
Und wieder die Feuer in den Gärten. Und wieder die monotone Reihe der Strommasten. Und wieder
das weisse Birkengestänge.
"Hans Meiser hat zwei Kinder", "da ist
Bebra", der Raps blüht. In Wittgensteins Hölle. Die Ruhe
einer Welt ohne Menschen, vielleicht in den Spitzen des Laubes
der Bäume vor dem Kugelblau des Sommerhimmels, zu schnell vorbeiziehend.